„Verbunden, kein Internet“– Was tun?

„Verbunden, kein Internet“– Was tun?

Familie Schwan paddelt auf mich zu. Eine leuchtend weiße Schwanin schwimmt voran. Ein Schwan wacht am Ende. Zwischen ihnen paddeln fünf Küken. Ich denke vor mich hin: „Die Schwanenkinder sind entgegen dem Märchen kein bisschen hässlich. Sie tragen ein elegant graues Daunenkleid, mit einem Grau-blauen-Schnabel dessen Farbe jeden Anzugmacher vor Neid erblassen lässt.“

Meine Kopie von Lenins „Was tun?“ liegt aufgeschlagen neben mir. Ich muss auf die Küken im Tempelhofer Hafenbecken achten, kann nicht lesen.

DJ Hüpfburg kommt im schwarz-weißen Sommerkleid auf mich zu. In der Hand B2 (Nudeln mit Huhn) vom Asia-Imbiss. „Schau mir ins Gesicht“, fordert sie mich auf. „Sieht die rechte Hälfte besser aus als die linke?“ Ich bin verblüfft.

Ich schaue so gut ich aus 1,5 Meter Entfernung schauen kann, finde, dass die beiden Hälften recht gleich aussehen. Hüpfburg: „Dachte ich es mir. WandWand taugt nichts.“ Mein Gesichtsausdruck sagt, dass ich nichts verstehe.

Hüpfburg erklärt. Sie gibt Webinare für zukünftige Schwiegereltern. Damit die Schwiegereltern sich in dieser Rolle zurechtfinden. Niemand will Helikopter-Schwiegereltern! Seitdem die Webinare bekannt sind, wird Hüpfburg mit Kosmetik-Werbeartikeln überhäuft. WandWand ist ein Elektronikstift, der mit Hilfe von Radiowellen die Gesichtshaut straffen soll. Sie hat ihn eine Woche auf der rechten Gesichtshälfte angewendet. Aber sie sieht keinen Unterschied.

„Ekelst Du Dich vor Füßen?“, fragt sie. Nun bin ich endgültig sprachlos. „Ach, egal. Da hinten ist Z. Die werde ich fragen.“ Ich frage „Sätt?“. Ne, „Z wie der Buchstabe. Amerikanisch ausgesprochen. Za’Shonda Zacharee Zwickenberger. Habe ich sie Dir nicht vorgestellt? Die einzige Frau, die ich kenne, die einen Master-Abschluss in Kunstturnen und Linguistischer Logik hat. An der University of Southern Arkansas in Northern Mississippi. Z wird die Hornhautsocken testen.“

Wir gehen hinüber. Ich versuche in einem Gewirr von Armen und Beinen, den Kopf zu sehen. „Hi, sorry, Competitive Yoga.“ Ich suche das Gesicht. „Wird bis 2021 noch olympisch. I need to practise.“ Jetzt sehe ich unter dem Knie die Sprecherin.

Z ergänzt: „Danke Hüpfburg für das /iprelease. Läuft super.“ Mein Gesichtsausdruck an diesem Nachmittag wird nicht intelligenter.

„Verbunden, kein Internet“

Kennst Du nicht dieses WLAN-Problem? Der WLAN-Router läuft. Die WLAN-Verbindung ist super. Aber du kommst nichts ins Internet. Wenn Du genauer schaust, steht in der Task Bar „Verbunden, kein Internet.“ Entdecken jetzt viele Leute im Home Office, wenn lauter neue Geräte im WLAN hängen. „Verbunden, kein Internet.“ Der Fluch des Home Offices.

Man kann brutal vorgehen: Den WLAN-Router vom Strom trennen. Den Rechner kaltstarten, also per Power-Button ausschalten. Dann funktioniert es meistens wieder. Das ist unelegant. Schicker – und zielgenauer – ist meistens ipconfig /iprelease /iprenew. Einzugeben über die Kommandozeile.

Die Kommandozeile

Im schwarzen Herzen von Windows lag über lange Jahre MS-DOS. Das „Microsoft Disc Operation System“ stammte aus den Zeiten vor graphischen Oberflächen. Seine Bedienoberfläche war schwarz. Es basierte auf Tastaturkommandos, mit denen sich der Rechner bedienen ließ.

Windows war bis etwa 2000 eine graphische Aufhübschung von DOS. Im Herzen lag DOS. Die bunten Fenster erleichterten die Bedienung des darunter liegenden DOS. Windows ohne DOS war nichts, eine Fassade ohne Gebäude.

Mit Windows2000/W2K und Windows XP hat sich das geändert. Microsoft fürchtete, konservative Kunden zu verlieren. Der Konzern empfand die DOS-Oberfläche in den Windows-Versionen nach 2000 nach. Microsoft erfand die Kommandozeile. In deutschen Systemen „Eingabeaufforderung“ genannt.

Die Kommandozeile ergänzt Windows. Sie ist nicht mehr das schwarze Herz von Windows. Ein Fenster an der Fassade. Aber die Kommandozeile sieht so aus wie DOS. In vielem funktioniert sie wie DOS. In ihr funktionieren dieselben Befehle wie in DOS: Mensch kann mit ihr lustige Sachen anstellen, die man mit Grafik-Windows gar nicht oder nur umständlich machen kann.

cmd.exe

In einem Akt der Regression steigt die Bedeutung der Eingabeaufforderung seit Jahren. Sie gleicht Windows-Defizite aus. Windows verschlimmert sich in der Hinsicht. Mit jeder Windows-Version versteckt Microsoft die grafischen Steuerbefehle tiefer unter weiteren Systemschichten. Oder sie verschwinden komplett.

Mit jeder Windows-Version gewinnt die Kommandozeile an Bedeutung. Sie lässt sich einfach aufrufen. In Windows 10 entweder über die Lupe und dann „cmd.exe“ oder per Tastendruck Windows-Taste+R und dann „cmd.exe“. Du kannst natürlich auch im Startmenü scrollen bis du auf „Eingabeaufforderung“ gelandet bist.

Screenshot des Eingabefelds, das sich in Windows 10 durch Windows+R erzeugen lässt. Der Schriftzug "cmd.exe" eingefügt.
Eingabefeld nach Windows-Taste+R. Dort eingegeben „cmd.exe“

Es gab eine Möglichkeit über das sogenannte Power-User-Menü, Windowstaste+X. Aber nicht mehr. Am einfachsten ist die Lupe und cmd.exe.

Soweit kann ich fast folgen. Z hat sich während der Erklärung entknotet und ist in die Figur des Downward Facing Dogs übergegangen. Hüpfburg erklärt weiter.

Ipconfig

In der Kommandozeile kannst Du den Befehl ipconfig eingeben. Kennst du vielleicht von ipconfig /all – falls du deine IP-Adresse wissen wolltest. Ipconfig /all ist die einfachste Methode, um die eigenen Netzwerkdaten zu kennen. Aber ipconfig /all zeigt nur. Der Befehl ipconfig ist mehr. Es ist ein Befehl. Mit dem kannst Du dem Rechner befehlen.

Mit ipconfig /release kannst du Sachen loslassen. Release bedeutet loslassen. Das heißt, die Netzwerkverbindung und die Daten werden losgelassen.

Mit ipconfig /renew kannst du die Verbindungen erneuern. Auch logisch aus dem Englischen. Am einfachsten also erst ipconfig /release, dann ipconfig /renew. Verbindung zum Router loslassen und neu anfordern. Dann hast Du eine neue Verbindung zum Router. Und mit der hast Du dann neues Internet.

Und das hilft?

IP-Adressen im WLAN

Kommt darauf an. Wenn der Router brennt oder ein Bagger das Kabel am Haus durchgestochen hat, dann hilft ipconfig nicht. Für „kein Internet“ gibt es tausend Möglichkeiten. Oft ist die IP-Adresse im Netzwerk schuld. Der Befehl hilft, wenn das Problem die IP-Adresse im WLAN war. Es passiert gerne, wenn der Router ein Zwangs-Router vom Netzbetreiber ist, den man mitkaufen musste.

„It’s von Conga“ bestätigt Z. „Halt Zwangsrouter. Bei mir hat /iprenew geholfen.“

Aber wie? Zuerst sortieren wir IP-Adressen. Von denen gibt es in der normalen Home-Office-Konfiguration zwei relevante Adressen. Die eine ist die IP-Adresse deines Netzwerks in der ganzen Welt. Über diese bist du im Internet erreichbar.

Wenn du auf Zitronenpresse.Info gehst und die Website abrufst, muss der Zitronenpresse-Server wissen, wohin er die Daten schickt. Dazu dient die „große“ IP-Adresse. Jede IP-Adresse gehört zu einem Zeitpunkt zu einem Anschluss an das Internet. Die wird dir von deinem Provider zugeteilt.

Allerdings sollen die Geräte innerhalb deines WLANs miteinander kommunizieren. Der Router muss wissen, dass er die Zitronenpressen-Seite auch an deinen Laptop schickt und nicht an das Handy daneben. Es gibt eine zweite „kleine“ IP-Adresse im Netzwerk. Die Adresse beginnt normalerweise mit 192.168. Der Router als Verwalter des Netzwerks hat 192.168.1.1. Die anderen Geräte haben jeweils eigene Adresse. Also meinetwegen 192.168.1.7 für den Laptop.

Die Zahlen stammen aus den Anfangstagen des Internets. Damit kein Gerät die IP-Adressen im weiten Internet mit den IP-Adressen im privaten Netzwerk verwechselt, sind Adressen für das Heimnetzwerk vorgesehen. Zum Beispiel alles mit 192.168. Oder technischer gesagt: alles von 192.168.0.0 bis 192.168.255.255. Die 256er und größere Nummern existieren nicht. Hat wieder mit Exponentialrechnung zu tun. Von 0 bis 255 sind es 256 Nummern. 256 ist gleich 28. Bei 256 endete die Computerwelt früher. Die 257. Nummer war nicht mehr darstellbar.

Diese internen Adressen werden für eine gewisse Zeit vergeben, oder auf Computerdeutsch „geleast“, und dann neu vergeben. Diese Vergabe kann mensch manuell triggern. „Release“ hebt den lease auf. „Renew“ ruft eine neue IP-Adresse ab.

Falsch verbunden

Mit Routern wie dem von Conga kann Schlimmes passieren. Manchmal wird der Lease nicht erneuert. Oder es gibt Router, die nur eine handvoll Geräte im WLAN ansprechen. Hängen zwei Handies, ein Fernseher und ein Kühlschrank am WLAN, passieren komische Sachen. Oder deine IP ist im Netz doppelt vergeben und der Rechner steigt deshalb aus dem Internet aus.

Mit /iprelease /renew startest du die Vergabe neu. Oder, wenn das nicht hilft, versuche die Eingabe ipconfig /flushdns. Das löscht auch einen Adressspeicher.

Screenshot der Windows-Kommandozeile nach der Eingabe von ipconfig /?. Gezeigt werden alle Varianten des ipconfig-Befehls.
Übersicht der ipconfig-Befehle.

Oft tritt das Problem wiederholt auf. Einfach testen. Wenn es hilft, dann hilft es wieder. Wenn nicht. Dann kannst du die brutale Methode Mit-ohne-Strom anwenden. Oder wendest Zeit auf und suchst die Ursache. Bringt dir kein besseres Leben, aber danach fühlst Du Dich schlauer.

Apropos Schlauer. Habe ich Dir von meinem Onkel Mateusz erzählt. Der, den ich noch im März in Glasgow besucht hab. Von dessen Diskothek in Posen, dem Winterräumedienst und der Steuer? Muss ich dringend loswerden.

Hüpfburg hat aufgegessen. Sie wirft die Packung mit den Hornhautsocken Richtung Z, sagt „Teste mal“ und verschwindet. „Muss los. Soll bei der Einrichtung einer Pop-Up-Bar beraten.“

Weiterlesen

Microsoft-Dokumentation zum Befehl. Die offizielle Seite: ipconfig

Ein anderen Home-Office-Dauerbrenner: Was ist VPN und wie funktioniert es?

Leider seit 2013 inaktiv. Das ipconfig/flushdns art collective aus London.

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