Click & Collect im Bauhaus. Ein Erfahrungsbericht.

Click & Collect im Bauhaus. Ein Erfahrungsbericht.

Der Polarvortex war gebrochen. Was entweder nach dramatischem Auftakt eines Katastrophenfilms klingt oder nach einer Seitenmeldung im Wissenschaftsteil der Zeitung, führte mich auf den Parkplatz des Bauhaus-Baumarkts. Dort wartete ich auf Click & Collect.

Der Polarvortex, auch Polarwirbel, ist eine Luftströmung um den Nordpol herum. Er sperrt in normalen Jahren die Polarluft am Nordpol ein. Im Winter 2020/2021 war der Wirbel zusammengebrochen. Die Polarluft brach aus, sie strömte bis nach Verlorenort in Brandenburg. Dort traf sie, -10 Grad kalt, in unserer Datsche auf einen Wasserhahn. Das Wasser war zwar ausgestellt, wir aber, Winter-entwöhnt durch die letzten Jahre, hatten zu spät daran gedacht, auch den Hahn zu öffnen.

Das Wasser im Hahn war zu Eis gefroren. Das Eis wollte mehr Volumen einnehmen, als im Wasserhahn zur Verfügung stand. Also suchte es sich einen Weg nach draußen. Als wir im Februar unter knospenden Krokussen und Schneeglöckchen zurück nach Verlorenort kamen, das Wasser wieder in Betrieb setzten, hatten wir keinen Wasserhahn mehr. Uns empfing ein barockes Wasserspiel, bei dem uns aus mehreren überraschenden Stellen der Armatur fröhlich ein Wasserstrahl entgegensprudelte. Das war bezaubernd und niedlich – aber unpraktisch.

Die schnellste sinnvolle Möglichkeit, der Sprudel-Misere abzuhelfen, ist der Bauhaus-Parkplatz. An dem radle ich eh zweimal täglich vorbei. Per Click & Collect sollte sich doch unser Wasserspiel wieder in eine Küchenarmatur verwandeln lassen. Und wo wir dabei sind, konnten auch andere fehlende Alltagsgegenstände für Verlorenort besorgt werden. Nicht ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, sondern ein Ascheimer, ein Laubrechen, eine Küchenarmatur sollte es sein.

Click

Ich steuerte auf dem PC die Website bauhaus.info an. Ich suchte die Gegenstände aus, konnte wählen zwischen Abholen und Lieferung. Zur Abholung wählte ich „meinen“ Baumarkt, Alboinstraße, Schöneberg, und bekam angezeigt, dass sich Eimer, Rechen und Armatur dort befänden. Gerade der Eimer freute mich; per Lieferung hätte ich den nicht bestellen können, weil er vergriffen war.

Einen Tag später kam die Mail. Die Gegenstände können abgeholt werden. Nein, sie müssen abgeholt werden, sonst verfällt die Reservierung nach drei Tagen. Ich fuhr mit dem Auto (Laubrechen..) zum Baumarkt, wurde von Pfeilen begrüßt, die mich zum Selbsteinkaufen für Handwerker und Gewerbetreibende lotsten oder zum Abholen. Dort stieß ich auf eine Schlange und ein gutes Dutzend Menschen, die in freier Aufstellung auf dem Parkplatz wartenden.

& Collect

Schritt 1: die Schlange. Die lief zügig durch. An ihrem Ende wartete ein junger Mann, der mich nach Namen und „Anzahl der Reservierungen“ fragte (eine) und mir einen Pieper in die Hand drückte. Meine sorgfältig vorbereitete Reservierungsnummer interessierte ihn nicht.

Schritt 2: die Menge. Ich lief zum Parkplatz. Ich stieß in Gedanken fast mit einer jungen Frau zusammen, die gerade ein Kind auf dem Arm zum hinteren Ende der Schlange unterwegs war. Wir warteten: Die drei jungen Männer, die so wirkten, als würden sie auf S-Bahn-Graffitti-Ausrüstung warten. Die junge Frau mit der verspiegelten Sonnenbrille. Der spanisch sprechende Jogger. Und der bebrillte Mann mit Lastenfahrrad, der die ganze Zeit hin- und zurück manövrieren musste, um Autos aus dem Weg zu fahren.

Die kurvten fleißig, um die Wartenden herum, wurden von einem sinnfrei in die Durchfahrt gestellten Sharing-E-Rolle zu Sonderslalom gezwungen. Ich beobachtete die Leute. Offensichtlich reichte der Nachname zur Bestell-Identifizierung, wem es gelang, zur Tür hineingerufen zu werden, kam bald wieder mit Brettern oder Farbe im Arm heraus. Die drei vermeintlichen Sprayer wurden von einem Baumarkt-Gabelstapler mit einer Palette Laminat bis zu ihrem Leih-Kleintransporter verfolgt.

Der Mann mit dem Fahrrad verschwand, der Jogger kam und herein und heraus, die Frau mit der Sonnenbrille. Selbst die Dame mit Kind, die definitiv zwanzig Minuten nach mir gekommen war, zufrieden mit einer Latte wieder von Dannen zog, wurde ich gnatschig. Ich sah die Zeit davonrennen. Gerade als ich mir sagte „Noch fünf Minuten, und ich laufe rein, werfe dramatisch den Pieper auf den Boden und sage, dass sie ihren Laubrechen behalten können“, piepte das Gerät.

Den Ascheimer gab es nicht. Und sie haben gründlich gesucht. Anscheinend läuft erst in dem Moment jemand los, in Lager und Ausstellung, in dem man vor Ort ist. Wenn man geschickt ist, und zwei Gegenstände bestellt, die knapp neben der Warenausgabe gelagert werden, geht es schnell. Ist man ungeschickt wie ich, bestellt drei Artikel aus drei Abteilungen, die eine Durchquerung des gesamten Markts nötig machen, wird es schwierig. Besonders wenn die Website spinnt und Sachen als verfügbar anzeigt, die es nicht gibt. Dann wird offensichtlich gründlich und lange gesucht, ob sich der Eimer nicht doch finden lässt.

Go home

So fand es fast ein glückliches Ende. Die Zeit der Wasserspiele ist vorbei. Mich kostete es einige wenige Minuten im Internet und ein bis anderthalb Stunden auf dem Parkplatz. In der Vorfrühlingssonne, besser organisiert als gedacht, die Menschen besserer Laune als befürchtet. Nur die Verkehrs- und Slalomsituation darf gerne entschärft werden.

Beitragsbild: Küchenarmatur (Symboldbild). Quelle: Wasserspiele im Schlosspark Peterhof, von W. Bulach, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

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